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Energiebranche verlangt flexible Software


Energie: Managementsysteme kämpfen mit komplexen Aufgaben

VDI nachrichten, 7.12.2001
Neue Dienstleistungen und Unternehmensstrukturen in der Energiewirtschaft erfordern leistungsfähige Software-instrumente für das Portfolio-, Fahrplan-, Risiko- und Netzmanagement. Welche kommerziellen IT-Lösungen auf dem Markt angeboten werden und was es bei der Anwendung zu beachten gilt, behandelte vorige Woche eine Tagung in Leverkusen.

Vor mehr als drei Jahren hat die Liberalisierung des deutschen Strommarktes eingesetzt, doch immer noch steckt die Energiewirtschaft mitten im Umbruch. Vor allem kleinere Marktteilnehmer wie Stadtwerke, die sich aus der Obhut ihres alten Energieversorgers gelöst haben und nun selbständig im Markt auftreten, sehen sich einer Vielzahl neuer Herausforderungen gegenüber. Die Möglichkeit sich Strom und Gas an Spot- und Terminbörsen günstig zu beschaffen, erfordert neue Strategien für eine möglichst zuverlässige Bedarfs- und Lastprognose.
Effektive IT-Lösungen für die Energiewirtschaft sind gefragt wie nie, wie vorige Woche in Leverkusen auf der Tagung „IT-Lösungen für die Energiewirtschaft in liberalisierten Märkten“ der VDI-Gesellschaft Energietechnik zu hören war. Sie sollen leistungsfähige Instrumente liefern, um auf Marktrisiken wie Nachfrage- und Preisschwankungen richtig reagieren und komplexe Betriebsabläufe wie Energiedatenmanagement, Handel, Vertrieb und Abrechnung effizient strukturieren zu können.
Die Sache hat jedoch Haken: „Es gibt noch keine standardisierten Analyseverfahren für die Energiewirtschaft“, sagt Markus Seiser, Vorstandsvorsitzender des Energieberatungsspezialisten IRM AG in Wien. „Die meisten Systeme für das Portfolio-, Last- und Risikomanagement stammen entweder aus der Finanzwelt oder aus dem technischen Bereich und sind deshalb nur begrenzt auf den Strommarkt anwendbar“, so der Experte. Auch sind speziell auf die Gegebenheiten des deutschen Marktes zugeschnittene Softwarelösungen rar. „Gängige Systeme wurden für die früher liberalisierten britischen, amerikanischen und skandinavischen Energiemärkte entwickelt und sind nachträglich an die deutschen Verhältnissen angepasst worden“, erläutert Seiser.
Wer erfolgreich im Markt agieren will, kommt an einer professionellen Lösung nicht vorbei. Unverzichtbar sei dabei, dass genügend Möglichkeiten für eine flexible Anpassung des Managementsystems an individuelle Erfordernisse vorhanden seien, betonen die Experten. Dazu gehörten beispielsweise variabel einstellbare Vorhersagezeiträume, die Möglichkeit neben standardisierten auch selbst erzeugte Profile zu nutzen, die Berücksichtigung von verschiedenen Einflussfaktoren wie Wetterdaten, planbare und unvorhersehbare Lastausfälle. Auch Rückspeisungen, erweiterbares Potenzial für die Erstellung von Modellierungen, Statistiken und Analysen nach wählbaren Kriterien, zählt Seiser auf.
Wer sich ein solches Managementsystem anschaffen will, muss mit Investitionen von 100 000 $ bis 2 Mio. $ rechnen. Es gibt jedoch Alternativen, die insbesondere für kleinere Marktteilnehmer mit einer Strommenge ab 200 GWh im Jahr interessant sein können. Application Service Provider (ASP) bieten mehreren Partnern den Zugriff auf einen zentralen Rechner an. Eine gemeinsame Nutzung, „bei der aber jeder Teilnehmer unabhängig vom anderen mit dem System arbeiten kann ohne dabei auf die eigene, gewohnte Software verzichten zu müssen“, erläutert Scherbeck. Ein solcher Service kostet rund 12 000 $ pro Monat.
Die mit den Umstrukturierungen im Energiemarkt einhergehenden hohen Anforderungen an Handels- und Risikomanagementsysteme stellen auch die erfahrenen Marktteilnehmer vor neue Herausforderungen. „Wir standen vor der Frage, ob wir mit unserer selbst gestrickten und immer wieder angepassten Excel-Software weitermachen sollten oder auf ein professionelles Energiehandelssystem umsteigen sollten“, berichtet Holger Jans, Leiter des IT-Bereichs der Bewag AG, Berlin.
Das Unternehmen entschloss sich zum Kauf einer neuen Software und zahlte erst einmal Lehrgeld. „Da waren wir wohl an ein Managementsystem geraten, das noch nicht ausgereift war“, sagt Jans. Die vielfältigen Aufgaben bei der Verwaltung von mehr als 10 000 Verträgen ließen sich damit nicht bewältigen. Erst der zweite Versuch mit einem flexibleren System war erfolgreich. Der Rat der Experten, um Fehlinvestitionen zu vermeiden: Schwerpunkte bei den Anforderungen setzen und eingehende Beratung fordern. Dabei gibt es auch die Möglichkeit von Testinstallationen.  SILVIA VON DER WEIDEN